Frauen und Finanzen: Frauen investieren anders als Männer – und das ist gut so

Dörthe Mehlhorn

18 Prozent – so hoch war die Differenz zwischen dem durchschnittlichen Bruttostundenlohn von Frauen und dem von Männern in Deutschland im Jahr 2021, der sogenannte unbereinigte Gender Pay Gap. Betrachtet man andere Kennzahlen, ändert sich zwar die Zahl, nicht aber die Aussage: 43,5 Prozent der weiblichen und nur 20,2 Prozent der männlichen Bevölkerung in Deutschland verfügte 2021 über ein monatliches Nettoeinkommen von unter 1.000 Euro. Frauen in deutschen Paarhaushalten besaßen 2017 ein durchschnittlich rund 32 Prozent niedrigeres Vermögen als Männer. Und auch der Gender Pension Gap, der Unterschied zwischen den Altersrenten von Frauen und Männern, fällt mit 49 Prozent im Jahr 2019 deutlich zu Ungunsten der weiblichen Bevölkerung aus.

Sind Frauen aufgrund ihrer eingeschränkteren Finanzen also eine unattraktivere Kundengruppe für Vermögensverwalter als Männer? Auf den ersten Blick könnte man diese Schlussfolgerung ziehen. Doch ein unabhängiger Vermögensverwalter, der seine Profession als Mission für seine Kunden versteht und nicht Momentaufnahmen, sondern langfristige Wertzuwächse im Blick hat, muss zu einem anderen Ergebnis kommen.

Denn diese Zahlen verändern sich bereits seit Jahren. Die Geschlechterungleichheit nimmt weiter ab. Frauen priorisieren immer öfter ihre Karriere, sind schon heute im Schnitt besser ausgebildet als Männer, arbeiten seltener als zuvor in Teilzeit und müssen durch sinkende Geburtenraten weniger Ausfallzeiten in Kauf nehmen. Und: Frauen leben länger. Was einerseits auch dazu führt, dass junge Frauen früher mit ihren Finanzen auseinandersetzen und mit ihrer Kapitalanlage für die Altersvorsorge beginnen müssen, um die Rentenlücke zu schließen. Und andererseits, dass sie tendenziell häufiger als Männer durch den Tod des Partners plötzlich sowohl vermögend als auch alleine für das Vermögen verantwortlich sind. Sie noch immer als die unattraktivere Zielgruppe der Vermögensverwaltung zu betrachten, verkennt, was Kundinnen tatsächlich darstellen: ein enormes Wachstumspotenzial.

Andere Lebensrealitäten führen zu anderen Bedürfnissen

Dabei sind die erwähnten Statistiken keineswegs irrelevant. Sie machen deutlich, dass die Lebensrealitäten der Geschlechter in Deutschland, aber auch in allen anderen europäischen Ländern, nicht identisch sind. Dazu kommt, dass viele Frauen weniger Berührungspunkte mit Finanzen im Allgemeinen und oftmals eine geringere Finanzbildung aufweisen als Männer, da die Verwaltung der Haushaltsfinanzen traditionell in der Verantwortung ihrer Partner lag und noch immer überwiegend liegt. Das alles sind Faktoren, die Vermögensverwalter im Blick haben müssen, wenn sie Frauen mit ihren Leistungen erreichen wollen. Denn: Unterschiedliche Lebensrealitäten bedingen unterschiedliche Bedürfnisse und Prioritäten in der Kapitalanlage.

Bei all den Fortschritten, die wir gesamtgesellschaftlich in Richtung der Gleichstellung der Geschlechter machen, darf in der Vermögensberatung also nicht außer Acht geraten, dass durchaus Unterschiede existieren. Wer weniger Einkommen zur Verfügung hat – ob im Arbeitsleben oder danach –, muss anders damit umgehen. Einerseits sorgt dieser Umstand dafür, dass Frauen häufig eine höhere Risikoaversion in Bezug auf ihre Finanzen zeigen, wodurch ihnen wichtige Rendite entgeht. Andererseits müssten sie sich gerade deshalb früher und intensiver mit ihrer Vermögenssituation auseinandersetzen, als es bislang der Fall ist.

Für die Vermögensverwaltung besteht die Herausforderung darin, diesen Unterschieden in den Lebensrealitäten und Anlagepräferenzen Rechnung zu tragen und sie nicht zu negieren, indem versucht wird, weibliche Kundinnen nach dem gleichen Modell zu behandeln, das sich für männliche Kunden als erfolgreich erwiesen hat. „One fits all“ ist ein Ansatz, der in der unabhängigen Vermögensverwaltung unserer Auffassung nach ohnehin keinen Platz hat.

Es reicht nicht, Fachkompetenz zu haben

Um diese Herausforderung zu meistern, sind Sensibilität und Einfühlungsvermögen gefragt. Eine Kundin, die sich bislang nicht oder nur kaum mit der Anlage ihres Vermögens beschäftigt hat und beispielsweise plötzlich in die Situation von Verwitwung und Erbe geraten ist, ist zunächst womöglich – auch emotional – überfordert und traut es sich nicht zu, die notwendigen Entscheidungen zu treffen. Das ist vollkommen nachvollziehbar. Ein Berater sollte allerdings nicht den Impuls haben, ihr diese Entscheidungen abnehmen oder durch Fachbegriffe und komplexe Ausführungen seine Kompetenz unter Beweis stellen zu wollen.

Feingefühl, Sich-zurücknehmen-Können und Verständnis sind der Schlüssel zu langfristigen, vertrauensvollen Beziehungen: auf Seiten des Beraters das Verständnis für die speziellen Bedürfnisse und Unsicherheiten der Kundin. Auf Seiten der Kundin dagegen das Verständnis für die Investmentstrategien, Vorschläge und Denkansätze des Beraters, also dafür, was mit ihrem Geld passiert. Die Aufgabe des Beraters ist es, dieses Verständnis zu ermöglichen und seine Kundin von Grund auf zu ermächtigen, selbst nachvollziehen und entscheiden zu können, wie ihr Vermögen angelegt wird. Was wiederum eine andere Art der Kommunikation erfordert, als der Berater eventuell aus dem Umgang mit männlichen Kunden gewohnt ist, die im Schnitt mit weniger Berührungsängsten, vermeintlich mehr Vorwissen und mehr finanziellen Selbstvertrauen in die Beratung gehen.

Der Kundin ein echter Partner sein

Ist die Grundlage des gegenseitigen Verstehens geschaffen, steht einer erfolgreichen Kundinnenbeziehung nichts mehr im Weg. Dann gilt es, die Vermögenssituation zu analysieren und die Anlageziele festzulegen. Dass diese Schritte zwischen Kundin und Berater gemeinsam erarbeitet und Entscheidungen in aller Ruhe getroffen werden müssen, versteht sich von selbst. Ebenfalls, dass Unsicherheiten unnötig sind. Frauen investieren eben anders als Männer, weil sie es aus anderen Lebensrealitäten heraus tun. Sie haben tendenziell ein höheres Beratungsbedürfnis und wünschen sich mehr Orientierungshilfe. Dabei benötigen sie jedoch nicht zwangsläufig andere Anlageprodukte als Männer. Ob der Berater ein Mann oder eine Frau ist, ist übrigens ebenfalls zweitrangig. Entscheidend sind Empathie und Verständnis, zu der auch gute männliche Vermögensverwalter fähig sind. Alles, was er oder sie tun muss, ist, sich als vertrauenswürdiger Partner zu erweisen und einer Kundin zu zeigen, dass Kapitalanlage nichts ist, wovor man Angst haben müsste.

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