Mamma Mia! Wohin führt die EZB-Politik?

Manfred Rath

Zu beneiden ist die EZB nicht, angesichts der vielen Konflikte, mit denen sie gleichzeitig umgehen muss. Manche Kritiker unken, sie laufe dabei Gefahr, zum politischen Akteur zu werden. Sicher ist jedoch: Die EZB steckt in einem Dilemma. Folgt sie ihrem Auftrag, die Preisstabilität zu wahren, kann das im Gegenzug die Refinanzierungskosten wirtschaftlich angeschlagener Länder erhöhen. Jene im EU-Süden müssten für geliehenes Geld mehr zahlen als jene im wirtschaftlich stabileren Norden. Das bedeutet auf lange Sicht nichts Gutes.

Um den größer werdenden Renditespread zwischen Deutschland und den europäischen Südländern zu begrenzen, wurde daher im Sommer 2022 mit dem Transmission Protection Instrument (TPI) ein Krisenprogramm ins Leben gerufen. Es soll verhindert werden, dass die Renditen der Staatsanleihen der unterschiedlichen EU-Mitglieder noch weiter auseinanderdriften. Fürs Erste war man damit erfolgreich. Der EZB-Rat entscheidet, wann das Instrument eingesetzt werden darf, und muss bestimmte Bedingungen in Bezug auf eine solide Haushaltspolitik oder nachhaltig makroökonomische Politik der betroffenen Länder einhalten. Doch manche Ökonomen halten diese Bedingungen für sehr unpräzise. Natürlich sinkt der Inflationsdruck, wenn durch massive staatliche Hilfen die Nachfrage angekurbelt wird. Aber in der Folge nehmen auch die Konflikte zwischen Geld- und Fiskalpolitik zu.

Italien erscheint als Risiko

Nach meiner Einschätzung ist es lediglich eine Frage der Zeit, bis die Märkte die EZB erneut herausfordern. Italien möglicherweise vorweg. Sehen wir uns die Forderungen und Verbindlichkeiten der Notenbanken in der Eurozone an: Ende November betrug der Target-2-Saldo der Deutschen Bundesbank 1,23 Billionen Euro, während Italien im September einen Negativsaldo von 660 Milliarden Euro aufwies. Der Risikoaufschlag für Italien bei 10-jährigen Anleihen im Verhältnis zu deutschen Bundesanleihen betrug zum Zeitpunkt der Präsidentschaftswahl im letzten September 2,5 Prozent und ist seitdem auf 1,8 Prozent gefallen. Natürlich hat sich das Risikoempfinden damit reduziert.

Zugegeben, Italien hat die Niedrigzinsphase intensiv zur Refinanzierung fälliger Anleihen genutzt. Dennoch bleibt die Gefahr, dass das Pendel irgendwann umschlägt. Bei rund 2,8 Billionen Euro Staatsschulden führt 1 Prozent mehr Zinsbelastung schnell zu 30 Milliarden Euro zusätzlichen staatlichen Ausgaben. Dies angesichts einer italienischen Staatsquote, die schon seit Jahrzehnten nahe, manchmal deutlich über 50 Prozent liegt.

Sollten die Zinsen nach der jüngsten Zinserhöhung der EZB wie angekündigt weiter steigen und sich damit der Spread weiter vergrößern, trifft dies auch andere Investoren. Gerade Versicherungen und Banken halten traditionell hohe Bestände an europäischen Staatsanleihen.

Konsequenzen für Investoren

„Bei einer Staatsquote von 50 Prozent beginnt der Sozialismus“, soll der frühere Kanzler Helmut Kohl einmal gesagt haben. Es mag etwas sehr plakativ formuliert sein, aber richtig ist, dass wir auch in Deutschland bei einer Staatsquote von fast 50 Prozent liegen. 49,7 Prozent im Jahr 2022, um genau zu sein. Immer mehr Geld fließt in Ressorts, die nicht unmittelbar in den investiven Bereich gehören.

Welche Handlungsempfehlungen ergeben sich daraus? Aus meiner Sicht sind solide Unternehmensanleihen, häufig mit Zinsvorsprung gegenüber Staatsanleihen, für Investoren eine gute Wahl. Da Unternehmen meist auch in anderen Währungsräumen Umsätze generieren, sind deren Anleihen nicht selten auch in Fremdwährungen erhältlich. Das wäre meine Kernempfehlung für alle, die Währungen mitdenken: auch hier auf Diversifikation achten. Interessante Regionen außerhalb des Euroraumes mit niedriger Schuldenquote gibt es einige, beispielsweise Skandinavien, Asien und im arabischen Raum. Aber auch Australien und Neuseeland würden locker die Mastricht-Kriterien erfüllen. Und unser Nachbarland Schweiz gilt sowieso als Fels in der Brandung. Diese Faktoren beziehe ich auch in meine Aktieninvestments ein. Natürlich sind Bewertungsmaßstäbe wie Dividendenrendite, KGV und Zukunftsaussichten der Gesellschaft als Hauptkriterien unabdingbar. Aber in welchem Währungsraum die Notierung stattfindet und wo ein Unternehmen aktiv ist, sollte bei Anlageentscheidungen an Bedeutung zunehmen.

Sicherlich sind in diesem Kontext auch Investments in Edelmetalle weiterhin eine Überlegung wert. Trotz steigender Zinsen befinden sich diese seit Wochen in einer Aufwärtsbewegung. Auf den ersten Blick mag das nicht zur aktuellen Lage passen, wo es jetzt doch wieder Zinseinkünfte für Geldanlagen mit vermeintlich geringem Risiko gibt. Nur haben die Notenbanken in 2022 so viel Gold gekauft wie seit 25 Jahren nicht mehr. Bröckelt etwa das Vertrauen in die Währung? Gehört dem sogenannten Fiatgeld doch nicht die Zukunft?

Übrigens scheint bei den zeitweilig hochgejubelten digitalen Alternativen um Bitcoin & Co. auch die Blase geplatzt zu sein. Das bedeutet nicht, dass Kryptowährungen überhaupt keine Alternative mehr sind, nur ist die Volatilität dieser Coins dann doch eher etwas für hartgesottene Spekulanten. Aber das ist wieder ein anderes Thema.

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